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Seemannsfriedhof

Ein Beitrag aus Band 1

der gelben maritimen Zeitzeugen-Buchreihe "Seemannsschicksale"

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Begegnungen im Seemannsheim  

  Band 1 - ISBN 978-3-8476-8220-2

Seemannsschicksale 1 – Begegnungen im Seemannsheim

Letzter Ankerplatz: Seemannsfriedhof

Holger Ballhausen war 42 Jahre alt, als er im Seemannsheim aus dem Leben schied. Er hatte es in Kindheit und Jugend schwer mit seinem Vater gehabt. Mit seiner Mutter stand er sich gut, aber diese hatte auch unter dem autoritären Wesen des Vaters zu leiden. So ging er früh aus dem Hause und als Motorenwärter zur Seefahrt. Bei Reisen nach Asien lernte er die fernöstliche Lebensauffassung schätzen und schwärmte für indische und thailändische Kulturen. Er meinte auch, dass ihm Haschisch neue Welten erschließen könne. Mit einigen Freunden zusammen inhalierte er regelmäßig diese für seine Begriffe harmlose Droge.

Seit 1972 war er bei seinen Hamburgaufenthalten immer wieder im Seemannsheim am Krayenkamp abgestiegen und dort wegen seines umgänglichen Wesens sehr gerne gesehen. Eines Tages erzählte er dem Heimleiter, er habe Halluzinationen gehabt, „wie damals in Asien“: Mitten in der Hamburger Innenstadt auf der Mönckebergstraße sei ihm ein Dinosaurier begegnet. Auch habe er eine Erscheinung seiner Mutter erlebt. Am darauffolgenden Tage alarmierten andere Seeleute den Heimleiter, ein Mann hänge im vierten Stock draußen am Fenster. Diesem bot sich, als er die Treppen hinaufgeeilt war, ein bedrohliches Bild: Holger B. hing 20 Meter hoch draußen am Hause, klammerte sich mit den Händen am Fenster fest und stand mit einem Bein auf dem Dachvorsprung. Er blickte mit vor Angst und Entsetzen verzerrtem Gesicht wild um sich und zuckte nervös, wenn man sich ihm näherte. Es war nicht geraten, zu dicht an ihn heranzugehen und völlig unmöglich, mit ihm ein Gespräch zu beginnen. Die bereits von Nachbarn informierte Feuerwehr war bereits zu hören und traf wenige Minuten später mit einem ganzen Löschzug am Hause ein. Doch bevor noch ein Sprungtuch gespannt werden konnte, war Holger, nachdem sich ihm ein Feuerwehrmann offenbar zu dicht genähert hatte, abgesprungen und in die Garagenauffahrt gestürzt. Sofortige Wiederbelebungsversuche mit künstlicher Beatmung, Sauerstoffzufuhr und allen Bemühungen des kurze Zeit später eintreffenden Notarztes waren leider erfolglos. Der Vorfall sorgte für große Aufregung und Betroffenheit unter den Gästen des Seemannsheimes.